[juF-nds] Aktuelles zur BAMF-Asylpraxis Syrien und Schutzquoten für Afghan*innen in der EU
Dörthe Hinz - Flüchtlingsrat Nds.
dh at nds-fluerat.org
Do Apr 11 13:59:08 CEST 2019
Liebe Interessierte,
anbei 2 Information zu syrischen und afghanischen Geflüchteten mit
Relevanz für die Beratungspraxis:
1. Verschärfte BAMF-Asylpraxis bei syrischen Asylsuchenden
2. ECRE: Schutzquote für afghanische Flüchtlinge in Europa zwischen 6%
und 98%
***
1. Eine Weiterleitung von Dr. Thomas Hohlfeld/ Referent für Migration
und Integration zur verschärften Asylpraxis bei syrischen Asylsuchenden,
10.04.2019
Das BAMF hat seine internen Leitsätze im Umgang mit syrischen
Asylsuchenden Mitte März 2019 verschärft, wie aus einer Antwort des
Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer vom 3. April 2019 auf
eine mündliche Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE.)
hervorgeht - diese Antwort findet sich im Anhang (zu Frage 10).
Ein der Abgeordneten bekannt gewordener Ablehnungsbescheid war Anlass
für die Frage. Demnach gebe es nur noch in Idlib, Teilen Aleppos, Raqqas
und Deir ez-Zors Kampfhandlungen, so dass nicht mehr in allen
Landesteilen von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt ausgegangen
werden könne. Liegt im Einzelfall keine politische Verfolgung vor, soll
demnach künftig nicht mehr generell zumindest ein subsidiärer
Schutzstatus, sondern nur noch ein nationaler Abschiebungsschutz erteilt
werden. Zwar gilt unverändert ein Abschiebestopp in Bezug auf Syrien und
eine reale Durchsetzbarkeit von Abschiebungen nach Syrien ist nicht
absehbar. Dennoch ist diese Änderung zur Statusverschlechterung ein
weiterer kleiner Schritt zur mittel- und langfristigen Vorbereitung von
Abschiebungen nach Syrien, wie sie von Unions- und AfD-PolitikerInnen ja
längst gefordert wurden. Nach dem schlechten Vorbild Afghanistans wird
auch hier mit scheinbar "sicheren" Gebieten gearbeitet...
Die Konsequenzen der Versagung des subsidiären Schutzstatus sind
beträchtlich, z.B.: nicht einmal das eingeschränkte (inzwischen:
Gnaden-) Recht auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte gilt dann
noch, auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besteht nur noch ein
"Soll"-Anspruch, für die Dauer des Klageverfahrens würden die
Betroffenen weiterhin nur eine Aufenthaltsgestattung erhalten und auch
sozialrechtliche Beschränkungen sind die Folge. Nicht zuletzt gelten
diese Geflüchteten mit nationalem Abschiebungsverbot im
Ausländerzentralregister dann als "abgelehnte Asylsuchende" - das
Lamento der Rechten, wie viele abgelehnte Asylsuchende sich angeblich zu
Unrecht in Deutschland aufhalten, wird damit weiter gestärkt.
Bei der Antwort der Bundesregierung lässt allerdings der letzte Satz
aufhorchen: "Eine Billigung der Hausleitung des BMI" zur Änderung der
BAMF-Leitsätze "liegt noch nicht vor", heißt es dort. Eine solche
öffentliche Distanzierung verwundert, Ulla Jelpke nahm sie jedenfalls
zum Anlass, das BMI aufzufordern, dieser Änderung nicht zuzustimmen.
Die Funke-Medien-Gruppe berichtet in ihren morgigen Zeitungen über die
Änderung der BAMF-Praxis, bereits heute sind die Artikel hierzu online
verfügbar (Bezahlschranken):
https://www.morgenpost.de/politik/article216911375/Bamf-bewertet-Sicherheitslage-fuer-Syrien-Fluechtlinge-neu.html
https://www.wp.de/politik/bamf-bewertet-sicherheitslage-fuer-syrien-fluechtlinge-neu-id216911375.html
Die Antwort des Staatssekretärs Mayer ist auch vor dem Hintergrund
interessant, dass er nur kurz zuvor im Parlament auf die Frage des
AfD-Abgeordneten Rainer Kraft, ob wegen des "weitestgehend beendeten"
Bürgerkriegs in Syrien "die Gegenden" nicht "weitestgehend befriedet
sind", von einem "außerordentlich instabilen Land" sprach und weiter
erklärte:
"Insofern ist aus meiner Sicht und auch aus Sicht der Bundesregierung
beileibe nicht davon auszugehen, dass Syrien ein befriedetes Land ist.
Es mag sein, dass der Bürgerkrieg nicht mehr in allen Teilen Syriens
gleichermaßen tobt, aber es finden nach wie vor Terroranschläge statt,
und insbesondere Personen, die in Opposition zur syrischen Regierung
stehen, müssen gewärtigen, Opfer von Repressalien und Gewaltanwendungen
zu sein."
Die weitere Statusverschlechterung für syrische Flüchtlinge bedeutet für
die Betroffenen eine schwere und unverantwortliche Verunsicherung. In
integrationspolitischer Hinsicht ist sie ohnehin fatal.
2. European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Schutzquote für
afghanische Flüchtlinge in Europa zwischen 6% und 98% / Besonders
Frankreich schützt vor Dublin-Rückschiebungen nach Deutschland,
Österreich, Belgien, Schweden, Finnland und Norwegen wegen Gefahr der
Weiter-Abschiebung nach Afghanistan.
"Afghan nationals were the second highest group to seek international
protection in Europe in 2018. They face the largest variation in
recognition rates in Europe, with the rate varying from 6% to 98%,
depending on the country, with no apparent reason for the divergence
lying in the nature of the cases. This persisting divergence and the
risk of human rights violations that results has prompted an increasing
number of courts to suspend Dublin transfers of asylum seekers to
countries where they would be at risk of onward deportation. In 2018,
for example, domestic courts – mainly in France – ruled against
transfers of Afghan asylum seekers to Germany, Austria, Belgium, Sweden,
Finland and Norway."
https://www.ecre.org/ecre-policy-note-no-reason-for-returns-to-afghanistan/
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