[juF-nds] Afghanistan: Gerichte stoppen zunehmend Abschiebungen aufgrund der Pandemie
Dörthe Hinz - Flüchtlingsrat Nds.
dh at nds-fluerat.org
Mi Mär 10 08:36:44 CET 2021
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Presseerklärung
09. März 2021
*Afghanistan: Gerichte stoppen zunehmend Abschiebungen aufgrund der
Pandemie*
PRO ASYL fordert Abschiebestopp
PRO ASYL protestiert mit Nachdruck gegen die Realitätsverweigerung der
Innenminister*innen einiger Bundesländer und fordert, den angesetzten
Abschiebeflug nach Afghanistan zu stoppen. »Es ist unerträglich, dass
die Innenminister*innen einiger Bundesländer ungeachtet der Lage und mit
stoischer Gleichgültigkeit Abschiebungen durchziehen«, so Günter
Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.
PRO ASYL hat wiederholt dargelegt, dass die Sicherheitslage katastrophal
ist und es in Afghanistan keine sicheren Gebiete gebe, in die
Geflüchtete zurückkehren könnten. Hinzu kommt die Pandemie, der
zunehmend Gerichte, nicht aber die abschiebewilligen Behörden, Rechnung
tragen.
Manche Abschiebungen werden von Gerichten in letzter Minute gestoppt,
andere nicht. Es hängt oft vom Zufall ab, ob ein Afghane, der
überfallartig zum Zwecke der Abschiebung verhaftet wird, einen
Rechtsbeistand findet. Dieser wiederum muss dann noch das Glück haben,
auf ein Gericht zu treffen, das den Mut hat, dem Druck der
Innenminister*innen standzuhalten, und den Fall erneut aufrollt um die
Abschiebung in letzter Minute zu stoppen. »Genau deshalb müssen die
Innenministerien endlich handeln und die Abschiebungen stoppen«, fordert
Burkhardt.
Die afghanische Bevölkerung leidet enorm unter den wirtschaftlichen
Folgen der Pandemie
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Nichtsdestotrotz wurde eine pandemiebedingte Unterbrechung von
Abschiebungen in das Bürgerkriegsland nach wenigen Monaten im Dezember
2020 wieder aufgehoben. Insgesamt wurden 989 Menschen seit 2016 in das
Bürgerkriegsland abgeschoben.
*Hohe Gerichte stoppen Abschiebungen aufgrund der Pandemiesituation*
Der *Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg* erkennt an
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dass aufgrund der gravierenden Verschlechterung der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen in Afghanistan es auch für junge, gesunde Rückkehrer
derzeit nur möglich ist, ein Existenzminimum zu erwirtschaften, wenn
begünstigende Umstände vorliegen. Das Gericht sieht abgeschobene
Personen ohne die Unterstützung eines familiären oder sozialen Netzwerks
aktuell nicht in der Lage, eine Beschäftigung auf dem Tagelöhnermarkt zu
finden, um sich ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Die wenigen
verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten werden nach Erkenntnissen des Gerichts
in der Regel über persönliche Beziehungen vergeben. Der Aufbau eines
Netzwerks aus eigener Kraft sei hingegen äußerst unwahrscheinlich.
Das*Bundesverfassungsgericht* hat mit Beschluss vom 09.02.2021
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Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Abschiebung eines von der
Sammelabschiebung am gleichen Tage betroffenen drogenabhängigen jungen
Mannes nach Afghanistan untersagt. Laut Bundesverfassungsgericht wurde
vom zuständigen Verwaltungsgericht die aus der Rechtsschutzgarantie des
Art. 19 Abs. 4 GG resultierende Aufklärungspflicht für die Situation von
Rückkehrern verletzt. Denn das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit
beschäftigt, wie sich die Covid-19-Pandemie auf das afghanische
Gesundheitssystem auswirkt, auf das es den Betroffenen im Hinblick auf
dessen Drogen- und Substitutionstherapie aber gleichzeitig verweist.
Außerdem habe sich das Verwaltungsgericht nicht mit den Auswirkungen der
Covid-19-Pandemie auf die wirtschaftliche Situation in Afghanistan
auseinandergesetzt.
*Auswärtiges Amt sieht ohne Nennung von Gründen verbesserte Lage
*
Afghanistan wurde am 31.01.2021 vom Robert-Koch-Institut (RKI) als
»Hochinzidenzgebiet
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– also als Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko durch besonders
hohe Inzidenzen für die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV‑2 –
eingestuft. In den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes
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hieß es vor diesem Hintergrund: »Afghanistan ist von COVID-19 besonders
stark betroffen. Das Gesundheitssystem hält den Belastungen nicht stand«
(aus der Afghanistan-News vom 08.02.2021
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Nun hat das AA die Einschätzung geändert und formuliert ohne Nennung von
Gründen nur noch:»Mit Wirkung vom 21. Februar 2021 gilt Afghanistan
_nicht _mehr als Hochinzidenz-, sondern als Risikogebiet
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PRO ASYL fordert das RKI und das AA auf, offen zu legen, wie sie
innerhalb einer so kurzen Zeit zu dieser Änderung der Lageeinschätzung
kommen.
PRO ASYL steht Ihnen für Rückfragen und weitere Informationen gern zur
Verfügung:
069 / 24 23 14 30 I presse at proasyl.de <mailto:presse at proasyl.de>I
www.proasyl.de
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